Interview mit Alumnus Yonghui Song aus China

Yonghui Song

„Eine lohnende Studienreise“

Durch ein Stipendium des DFG (Deutsche Forschungsgemeinschaft) kam Yonghui Song als Student an die Fakultät für Bau-, Geo- und Umweltwissenschaften nach Karlsruhe. Heute ist er Professor im Bereich Environmental Engineering und arbeitet an der Chinese Research Academy of Envoronmental Sciences (CRAES). Zusammen mit seiner Frau Ying Gao und den beiden Söhnen Bosheng und Zihong lebt er in Peking. Sandra Gäckle spricht mit ihm über seine Ausbildung, seine Karriere und das in China heikle Thema Umwelt.

Was hat Sie zum Studium nach Karlsruhe geführt?
Bevor ich zum Studieren nach Karlsruhe gekommen bin, kannte ich bereits Prof. Dr. Hermann H. Hahn, ein international bekannter Wissenschaftler und Ingenieur auf dem Gebiet der Wasserwissenschaft und –technik. Bereits in den 80er Jahren kooperierte Prof. Hahn mit chinesischen Insituten. Nachdem ich ihn 1999 anschrieb, lud er mich zum Studium nach Karlsruhe ein.

Hat Sie Ihr Studium in Karlsruhe gut auf das spätere Berufsleben vorbereitet?
Ja, das Studium in Karlsruhe war eine gute Basis für meine spätere Karriere. Nach den Reformen in China sind viele junge Leute zum Studieren in den Westen gegangen. Die Chinesen hatten erkannt, dass wir von der modernen Wissenschaft und Technik vom Westen lernen sollten, um die Entwicklung und Modernisierung von China voranzubringen. Normalerweise haben junge Chinesen, die in Europa oder den USA studiert haben, nach ihrer Rückkehr in beruflicher Hinsicht mehr Möglichkeiten. Die chinesische Regierung hat sich viel überlegt, um die Chinesen zu ermuntern, nach ihrem Studienabschluss im Ausland wieder zurück nach China zu kommen. Deutsche Ausbildung und Forschung haben einen guten Ruf in China, ein deutscher Doktortitel erlangt höchste Anerkennung. Dessen war ich mir bewusst, ich habe in Deutschland promoviert und bin dann nach Peking zurückgegangen. Ich fand eine gute Position in der Chinesischen Akademie für Umweltwissenschaften (CRAES), welche an die Staatliche Umweltbehörde (SEPA) angegliedert ist. Seit vier Jahren bin ich nun hier und neben der starken Unterstützung der CRAES für meine Forschung, profitiere ich noch immer von der Ausbildung und dem wissenschaftlichen Training der Uni Karlsruhe.

Sie waren an der Universität Karlsruhe am Institut für Wasser und Gewässerentwicklung angestellt, womit haben Sie sich dort beschäftigt?
Damals hieß es noch Institut für Siedlungswasserwirtschaft. Mein Forschungsthema war die Phosphorgewinnung aus Abwasser. Phosphor ist eine unentbehrliche Ressource für alles Leben auf der Erde, dennoch wird es immer weniger, weil die moderne Gesellschaft es nicht nachhaltig nutzt. Auf der einen Seite müssen wir Phosphor zwar aus dem Abwasser herausfiltern, um Eutrophisierung (Anmerk. d. Red.: Anreicherung des „Ich bin glücklich darüber, dass ich die Chance hatte in Karlsruhe zu studieren und so viele nette Leute zu treffen.“ (Foto: privat) Wassers durch Nährstoffe) zu vermeiden, auf der anderen Seite müssen wir den Phosphor-Vorrat speichern. Phosphorgewinnung wurde zum Thema für Forscher, Industrie und die Regierung - vor allem in Europa.

Was sind Ihre täglichen Aufgaben?
Bei der CRAES arbeite ich als Professor und erfülle damit die Aufgaben der Academy: 1. die technologische Unterstützung der chinesischen Umweltschutzbehörde, 2. Grundlagenforschung und angewandte umweltwissenschaftliche Forschung und 3. die Ausstattung der Gesellschaft mit Technologie. Ich leite eine Forschergruppe „Nutrient Pollution Controll“ mit 4 Forschern und 7 Master-Studenten. Ich organisiere also die Aktivitäten der Gruppe und die Finanzierung der Forschung. Als Direktor des Chief Engineers´ Office der CRAES bin ich auch an der Leitung der Akademie beteiligt und stehe der SEPA als Berater an der Seite. Meine Tage sind also sehr ausgefüllt.

Welche unterschiedlichen Rahmenbedingungen der Forschung/Arbeit in der Wasserwirtschaft gibt es zwischen China und Deutschland?
China und Deutschland sind sehr verschieden, wenn es um Umweltschutz und den Erhalt der Natur geht. Im Zuge der Industrialisierung begann in Deutschland in den 60er und 70er Jahren die Umweltverschmutzung. Durch den Nachdruck und die Investition der Regierung und Industrie aber, befindet sich die Umwelt seit langer Zeit schon auf einem stabilen Niveau. China ist jetzt auf dem Weg der Industriealisierung, so dass wir dem Umweltproblem nun ernsthaft entgegentreten müssen. Diese beiden Länder befinden sich in unterschiedlichen Zeitperioden in Bezug auf Umweltthemen. In Sachen Wasserwirtschaft hat Deutschland eine gute Kanalisation, womöglich weltweit die bestentwickeltste. Das Abwasser wird behandelt, bevor es ins Grundwasser sickert, die Regulierungen sind nahezu perfekt durchdacht. In China haben wir zwei große Probleme: Wasserverschmutzung und Kanalisation. Die Regierung hat sich zum Ziel gesetzt, den Abfluss der größten chemischen Verschmutzer um 10% bis zum Jahr 2010 zu verringern. Dabei wollen wir die Methoden und Erfahrungen der westlichen Länder zur Verbesserung unseres Abwassersystems nutzen., z.B. das „Integrated Watershed Management“ als Konzept zur Bewirtschaftung natürlicher Ressourcen.

Welche Unterschiede im Engagement für die Umwelt sehen Sie zwischen China und Deutschland?
Ich sage es noch einmal: Deutschland hat eine stabile Umwelt und geht vorsichtig mit ihr um. Natürlich gibt es globale Themen wie Klimaänderung und die Auswirkung der beständigen Umweltverschmutzung, denen Deutschland allerdings viel Aufmerksamkeit schenkt. In China kämpfen wir trotzdem gegen schwere Wasser- und Luftverschmutzungen und Abfallprobleme. Noch immer leiden wir unter der globalen Aufteilung der Industrie: manche Industrie mit hoher Schadstoffemission kommt aus den westlichen Ländern. So hoffen wir, dass über den Technologie-Transfer auch Unterstützung kommt, damit wir beispielsweise saubere Produktionstechnologien nutzen können.

Was für Risiken für die Umwelt birgt das rasante Wirtschaftswachstum?
Es bedroht die Umwelt. Solange wir uns mehr um die Wirtschaftsentwicklung und weniger um den Umweltschutz kümmern, wird dies schwere Gesundheitsprobleme für den Menschen nach sich ziehen und schließlich kann sich die Wirtschaft nicht so nachhaltig entwickeln, wie geplant. Zum Glück aber ist der chinesischen Regierung und den Chinesen das Problem bewusst und es wurden bereits Gegenmaßnahmen ergriffen.

Zum Schluss möchte ich noch einmal auf Ihre Studienzeit in Karlsruhe zurückkommen. Vermissen Sie manchmal etwas aus Karlsruhe?
Ich mag die Karlsruher Universität und die Stadt Karlsruhe sehr gerne. Meine Familie und ich haben ungefähr vier Jahre dort verbracht und wir werden diese Zeit nie vergessen. Wir haben nicht nur mit Chinesen, sondern auch mit Deutschen gute Freundschaften geschlossen. Mein Doktorvater Prof. Hahn, aber auch Prof. Erhard Hoffmann und andere Kollegen im Institut haben mir sehr geholfen. So auch Prof. Dr. Fritz H. Frimmel, Prof. Dr. Kuno Egle und andere Professoren und Kollegen der Universität. Kurz gesagt: Wir vermissen die Kollegen und Freunde dort.

Was für Erinnerungen haben Sie an Ihre Studienzeit in Karlsruhe?
Karlsruhe ist nicht groß, aber es ist modern mit deutlichen Eigenschaften. Die Universität Karlsruhe hat ihre herrliche Zeit gerade erst begonnen. Ich bin glücklich darüber, dass ich die Chance hatte in Karlsruhe zu studieren und so viele nette Leute zu treffen. Ich denke, mein Studium war sehr erfolgreich und ich würde sagen, dass es auf jeden Fall eine lohnende Studienreise nach Karlsruhe war.