Frau Maria Bostenaru Dan studierte am  KIT Architektur. Nach ihrem Studium forschte Sie in Karlsruhe im Graduiertenkolleg „Naturkatastrophen“ zum Katastrophenmanagement. Wichtig ist es ihr auch heute, die Menschen als Nutzer der Gebäude nicht zu vergessen. Deshalb versucht sie engagiert in den entsprechenden Netzwerken und Projekten, Wissenschaftler unterschiedlicher Disziplinen zusammen zu bringen.

 

Nach Ihrem Studium in Bukarest sind Sie ans KIT für das Architekturstudium gekommen. Wie sind Sie nach Deutschland gekommen?


In meinem vierten Studienjahr bekam ich ein TEMPUS Stipendium für das Sommersemester, und gleich danach stellte ich den Antrag, mein Studium an der Uni Karlsruhe zu Ende zu führen – allerdings bedeutet dies für mich noch einmal drei Semester länger zu studieren.
Ich hatte vorher schon die Möglichkeit ins Ausland zu gehen: mir wurde ein Stipendium an der INSA Lyon angeboten, als ich in Gymnasium war. Aber in Lyon gab es keine Architektur, nur Städtebau. Für die Bewerbung im TEMPUS Programm und die Auswahl nach Deutschland zu gehen, gab es eigentlich zwei Gründe. Zum Ersten hatte ich im 3. Studienjahr in Rumänien ein Problem mit Stegreifen. Zum Zweiten hat meine Familie deutsche Wurzeln und ein Cousin, der in Deutschland gearbeitet hatte, schwärmte sehr von Deutschland.

 

Neben der Stadtplanung haben Sie sich viel mit Erdbebensicherheit beschäftigt. 2011 wurde eine seismische Tapete im Wettbewerb „365 Orte im Land der Ideen“ ausgezeichnet. Die Tapete wurde in Pavia getestet, wo auch Sie wiederholt im Rahmen der Marie Curie Actions zu Erdbeben geforscht haben. Was macht Pavia besonders geeignet zur Erdbebenforschung?


Dieses Projekt finde ich auch besonders reizend, denn meine Eltern waren Textilingenieure. Mein Vater schrieb 1982 einen Artikel über die Verwendung von Glasfasern, die ja auch in der seismischen Tapete des KIT eine Rolle spielen.
In Pavia wurde durch das EUCENTRE (European Centrefor Training and Research in Earthquake Engineering) die Kompetenz in Erdbebenforschung gebündelt. Mit einer exzellenten Infrastruktur, hochkarätigen Spezialisten in der Erdbebenforschung sowie sehr guten internationalen Kontakten sind die Bedingungen zur weiteren Forschung optimal.

 

Woran haben Sie persönlich geforscht?


Ich hatte ein Projekt dessen Schwerpunkt von einem SFB (Sonderforschungsbereich gefördert durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft DFG) in Karlsruhe ausging. Das SFB hieß „Erhalten historisch bedeutsamer Bauwerke“. Mit einer Marie Curie Intra-European Fellowship erhielt ich die Möglichkeit in Pavia meine Forschung im Bereich „Erhalten historischer Stahlbetonwohnbauten in Europa“in Erdbebengebieten zu vertiefen. Ich hatte bereits an einem Entscheidungssystem für Architekten, Ingenieuren, Investoren und Nutzern von historischen Gebäuden  zur Erhaltung derselben gearbeitet und konnte mich in Pavia nun auf Stahlbetonbauten und Erdbebensicherheit sowie den Wiederaufbau spezialisieren. Zunehmend habe ich mich auch für die Soziologie der Architektur interessiert. Neben der Dokumentation des frühen Stahlbeton-Bauerbes (Art Nouveau und Moderne) in ganz Europa untersuchte ich, wie die Akzeptanz von Nutzern bei Ertüchtigungen und Wiederaufbau nach Katastrophen erhöht werden kann. Besonders wichtig ist es, beim Wiederaufbau das kollektive Gedächtnis der Bevölkerung zu berücksichtigen und mit Hilfe einer sogenannten mentalen Karte für die Bevölkerung wichtige Gebäude/Punkte einer Stadt zu erkennen. Nach meiner Rückkehr nach Rumänien habe ich hauptsächlich an der "Ion Mincu" Universität für Architektur und Städtebau weiter geforscht und im letzten Jahr auch meine Promotion abgeschlossen.

 

Nach der wissenschaftlichen Beschäftigung mit so etwas konkretem wie Erdbebensicherheit und Wiederaufbau widmen Sie sich jetzt Ihrem zweiten Interessensschwerpunkt – Multimedia. Sie bauen im Rahmen eines EU Projektes ein Netzwerk unter dem Schlagwort „Digital Humanities. Welches Ziel hat dieses Projekt und was reizt Sie persönlich besonders daran?


Ich habe mich schon damals in Karlsruhe für IT Methoden interessiert – in meinem Wohnheim gab es sehr viele Informatikstudenten! Im Rahmen eines EU geförderten Netzwerkes hatte ich damals auch die Möglichkeit, mit mich 3D Stadtmodellen zu beschäftigen.
Mit dem aktuellen Projekt NeMiDaH (Network for Digital Methods in the Arts and Humanities) sollen Wissenschaftler zusammen gebracht werden, die digitale Methoden in den Kunst- und Geisteswissenschaften verwenden. Einige dieser Methoden bieten viel mehr Möglichkeiten der Analyse und Visualisierung von Raum- und Zeitbezügen in historischen Texten als es z.B. die fotografische Dokumentation in meinen vorherigen Arbeiten getan hat.

 

Sie haben sich viel ehrenamtlich engagiert – in der Wohnheimselbstverwaltung aber auch in Gremien von Vereinigungen. Haben Ihnen diese Netzwerke auch beruflich weitergeholfen?


Man lernt die Leute am besten kennen, wenn man mit Ihnen zusammenarbeitet. Ich bin mit vielen Leuten aus diesen Gremien befreundet. Aber meistens bleibt dieses auf informellen Niveau, mehr private Besuche als gemeinsame Projekte und Veröffentlichungen. Es hat mir aber geholfen als ich innerhalb der World Housing Encyclopedia eine Gastinstitution für die Marie Curie Intra-European Fellowship suchte. Es ist häufig nicht so einfach, Gastinstitutionen oder Partner für europäische Projekte zu finden. Freundschaften oder wenn man schon zusammen gearbeitet hat – auch ehrenamtlich, helfen hier oft mehr als offizielle Netzwerke.

 

Sie sind wieder vor allem in Rumänien tätig. Was vermissen Sie am Meisten?


Leider ist nicht einfach, in Rumänien Anerkennung für seine Arbeit zu erhalten, wenn man aus dem Ausland zurückkehrt, da die Rückkehr als Versagen wahrgenommen wird. Aber am meisten vermisse ich meine Freunde aus Deutschland! Ich versuche, meine Sprachkenntnisse zu halten, und lese daher viele Romane auf Deutsch. Ich freue mich schon sehr auf meinen kurzen Besuch in Karlsruhe im Rahmen des NeDiMAH im Februar diesen Jahres!