Interview mit Alumnus Prof. Dr. Panagiotis Misaelidis

Prof. Dr. Panagiotis Misaelidis

„Es war Zeit, wissenschaftlich weiterzufliegen.“
Von Einem der auszog, die Welt der Wissenschaft zu erobern

Prof. Dr. Panagiotis Misaelidis wurde am 21.06.1949 in Thessaloniki geboren. 1972 schloss er sein Chemiestudium an der Aristoteles Universität Thessaloniki ab. Anschließend promovierte er an der Universität Karlsruhe (TH). Seit 2005 leitet er den AlumniKaTH Regionalclub Griechenland.


Wie kamen Sie auf die Idee in Deutschland zu promovieren? Und warum in Karlsruhe?
Der Wunsch meine Ausbildung fortzusetzen, hat mich nach Karlsruhe geführt. Ich hatte eigentlich die Wahl zwischen den USA und Deutschland. Aber meine Familie war von Amerika nicht begeistert, da es so weit weg von Griechenland ist und weil sie befürchtet hatten, dass ich für immer dort bleiben könnte. Auf Empfehlung eines Dozenten habe ich einen Brief an Professor W. Seelmann-Eggebert, damals Direktor des Instituts für Radiochemie des Kernforschungszentrums Karlsruhe, geschrieben. Über die Stadt hatte ich natürlich nur wenige Informationen. Ich wusste nur, dass Karlsruhe eine gute Technische Hochschule und ein großes und renommiertes Kernforschungszentrum hatte. Das war alles! Die Antwort von Professor Seelmann- Eggebert war sehr positiv. Er hat mir gleich eine Doktorandenstelle in seinem Institut angeboten. Ohne viel Nachzudenken habe ich die Stelle angenommen. Nach meiner Promotion habe ich als Wissenschaftlicher Mitarbeiter des Instituts für Materialund Festkörperforschung III des Kernforschungszentrums Karlsruhe gearbeitet. Dann war die Zeit gekommen, wissenschaftlich weiterzufliegen. Eine dreijährige Forschungsposition an der Universität Manchester mit Experimenten bei der GSI Darmstadt und danach als Wissenschaftlicher Mitarbeiter im Zintl Institut der TH Darmstadt und im Institut für Kernphysik der Universität Frankfurt haben mich bis Oktober 1985 in Deutschland gehalten. Seit Oktober 1985 lehre ich Radiochemie an der Fakultät für Chemie der Aristoteles Universität Thessaloniki. Die Rückkehr von Odysseus!

Wie haben Sie Ihre Freizeit in Karlsruhe verbracht?
Die Vorlesungen in der TH und die Arbeit im Forschungszentrum haben eigentlich nicht viel freie Zeit gelassen. Ab und zu ein Kino- und Theaterbesuch oder eine Tischtennis-Partie mit meinen griechischen Kollegen war alles während der Woche. Am Wochenende waren die Fahrten zu den benachbarten Städten und Spaziergänge im Schwarzwald, in der Pfalz und im Elsass meine Hauptaktivitäten - ich wollte etwas von meinem Gastland sehen. In der Sommerzeit waren das Schwimmen in den Baggerseen oder Freibädern, die Konzerte im Refektorium des Klosters Maulbronn, das Erdbeerenpflücken und das Eisessen am Marktplatz meine Lieblingsaktivitäten. Ein relativ ruhiges aber auch bewegliches und interessantes Leben!

Hat Ihr Studium Sie für Ihr weiteres Leben beeinflusst?
Mein Studium in Karlsruhe und generell mein langjähriger Aufenthalt in Deutschland haben meine Denkens- und Handlungsweise stark geprägt. Ich verlange Konsequenz und Ordnung von mir und meinen Mitmenschen. Die Menschen in Griechenland haben eine ganz andere Mentalität und Denkens- und Handlungsweise.

Gab es ein besonders einschneidendes Erlebnis während Ihres Studiums?
Ich habe viele Erinnerungen aus meiner Studienzeit in Karlsruhe. Zum Beispiel erinnere ich mich immer noch an meinen ersten Tag in der Stadt. Das große Plakat am Bahnhof “Karlsruhe, die Stadt der vielen Möglichkeiten!“ ist mir in Erinnerung geblieben, auch das Säubern meines Koffers mit Rasierseife. Ein Fluggast hatte als Gepäck einen großen, nicht fest geschlossenen Behälter mit Olivenöl abgegeben! Besonders in Erinnerung ist mir auch der erste Spaziergang durch die Stadt geblieben! Man kann eigentlich ein Buch mit den Erlebnissen und Erinnerungen schreiben!

Vermissen Sie etwas aus Deutschland, aus Karlsruhe?
Obwohl ich zwei bis drei Mal pro Jahr aus beruflichen oder privaten Gründen Deutschland besuche, vermisse ich einiges. Zunächst einige sehr gute Freunde, dann die gute Arbeitsumgebung und die Forschungsmöglichkeiten, die ich in Deutschland hatte. Ich vermisse auch die Ordnung in jedem Bereich des täglichen Lebens. Zum Beispiel sieht man in Deutschland nicht oft Autos, die auf den Fußgängerwegen geparkt sind, protestierende oder streikende Gruppen, die den Hauptverkehr behindern oder mit anderen Methoden das Leben ihrer Mitbürger schwer machen. Ich vermisse auch manchmal die Professionalität und die Konsequenz bei den Dienstleistungen. Griechenland bietet natürlich andere Vorteile. Man kann nicht alles haben!

Sie sind seit 2005 Vorstandsvorsitzender des AlumniKaTH-Regionalclubs Griechenland. Warum engagieren Sie sich für das Alumninetzwerk?
Die Gründung des Vereins Griechischer Absolventen der Universität Karlsruhe wurde eigentlich von meinem Freund und Kollegen Professor Nikos Moussiopoulos initiiert. Ursprünglich traf sich eine Gruppe von Freunden, die eine schöne Studienzeit zusammen in Karlsruhe verbracht hatten. Der Verein ist schnell größer geworden, schließlich kam der Anschluss zum Alumni-Netzwerk der Uni. Heute hat unser Verein etwa 160 Mitglieder verteilt über das ganze Land. Die Mehrheit der Mitglieder lebt in Athen und Thessaloniki. Nikos Moussiopoulos war der erste Vorsitzende des AlumniKaTH- Regionalclubs Griechenland. Seine Präsenz und sein Beitrag zur Organisation des Vereins waren sehr wichtig. Nach sechs Jahren Dienstzeit wurde ich als sein Nachfolger gewählt.