Interview mit Alumnus Jan Kotschenreuther

Jan Kotschenreuther

Im vergangenen Herbst bezog die MAG Industrial Automation Systems, eines der großen Unternehmen im Werkzeugmaschinenbau, ihr neues Quartier im stromlinienförmigen Colorado-Tower: Von dort schaut Jan Kotschenreuther als „Vice President Strategyand Business Development“ für MAG Europein die Zukunft.

Neue Geschäftsfelder will der 31-Jährige mit aufbauen und an der Unternehmensstruktur mitfeilen. „Wir versuchen, unser Know-how jenseits der traditionellen Arbeitsbereiche von MAG wie Automobil- und Luftfahrtindustrie für zukunftsträchtige Felder wie Wind, Solar und Eisenbahnwesen zu bündeln, zu erweitern und an potenzielle Kunden heranzutragen.

Außerdem wollen wir neue Wege für die Automobilindustrie beispielsweise in der Automation von Leichtbauwerkstoffen erschließen.“

Auch an der Standortrestrukturierung von MAG arbeitet Kotschenreuther mit. Das Unternehmen will unter anderem die Produktionsinhalte der einzelnen Standorte unter technischen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten neu verteilen, wegen der Rezession aber auch über Verschlankung nachdenken.

Zurzeit beschäftigt der 2005 entstandene Konzernverbund, der mit einem Umsatz von einer Milliarde Euro Fertigungslösungen bietet, weltweit 4000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

Dank seines interdisziplinär ausgerichteten Studiums und seiner anschließenden wissenschaftlichen Laufbahn ist Jan Kotschenreuther für diesen Job gut gerüstet: 1998 begann er an der Universität Karlsruhe ein Wirtschaftsingenieurstudium mit dem Schwerpunkt Unternehmensplanung. Bald entdeckte er seine Leidenschaft für den Maschinenbau, die ihn zunächst als Hiwi an das Institut für Produktionstechnik (wbk) brachte. Dort schrieb er seine Diplomarbeit und von 2003 bis 2008 eine Doktorarbeit über die Mikrozerspanung. Im April 2008 – nach Zwischenstationen als Querschnitts- und Bereichsleiter – wurde er stellvertretender Institutsleiter. „Ich war mir aber auch immer klar darüber, dass ich irgendwann eine Phase in der Industrie einlegen werde.“

Der Werkzeugmaschinenbau, so der Ingenieur, müsse sich den neuen Bedürfnissen seiner Kundenstellen. „Automation ist dabei eine große Sache. Gerade angesichts der Wirtschaftskrise werden Firmen noch stärker dazu übergehen, mit geringen Investitionen Prozessverbesserungen zu erreichen. “MAG bietet deshalb Steuerungssysteme im Verbund mit den Maschinen an. So kann das Unternehmen Verkettungsprozesse zwischen einzelnen Anlageteilen oder Fertigungslinien in enger Abstimmung mit dem Kunden entwickeln. Beider Softwareautomation gehe der Trend zur „Virtuellen Fabrik“:„Wir wollen lange vor dem Versagen eines Maschinenteils den Ausfall der Produktion voraussagen können, damit sich die Monteure darauf einstellen können.“

Den „Hang zur Praxis“ hatte Kotschenreuther seit Studienbeginn: „Vorlesungen von Referenten aus der Industrie, zum Beispiel aus dem Nutz- oder Kraftfahrzeugbau und der Produktionstechnik, hatten es mir angetan. “Genauso wie die Veranstaltungen des inzwischen emeritierten Professors Hartmut Weule. Dass Kotschenreuther seine Lieblingsvorlesung aus der Studienzeit, „Produktentstehung/Fertigung“, als Mitarbeiter des wbk dann auch selbst halten durfte, sah er als glücklichen Umstand. Er machte daraus eine Vorlesung „zum Anfassen“: Angehende Maschinenbauer und Wirtschaftsingenieure konnten darin mit Werkzeugen, etwa verschiedenen Bohrern, sowie Spänen arbeiten und unterschiedliche Messmethoden ausprobieren. „Auf jeden Fall“ würde Jan Kotschenreuther wieder in Karlsruhe studieren: „Ein Studium mit technischer Ausrichtung und zugleich betriebswirtschaftlichem Hintergrund war für mich optimal“.

Studierenden empfiehlt er vorallem das Engagement, das über die Studienverpflichtungen hinausgeht: als Hiwi oder Werkstudent – um zu erleben,„wie die Wirtschaft tickt“.

Karlsruhe als Studienort hat es dem Absolventen Jan Kotschenreuther angetan: „Ich habe noch keine andere Uni erlebt, deren Campus so ideal liegt “schwärmt der Badener, „sofort ist man in der Innenstadt und im Schlosspark.“ Und doch ging er während seiner Studienzeit auch ins Ausland – was er jedem Studenten empfiehlt. Seine Praktika hat Kotschenreuther 1998 bei der Israel Electric Corporation (IEC) und 2001 bei einem Kraftwerkskomponentenhersteller in Massachusetts absolviert.

Besonders spannend empfand er die Arbeit in Haifa bei der IEC, in einer Abteilung, in der hauptsächlich russische Einwanderer arbeiteten.

Sein Büro bei MAG im „Colorado Tower “liegt zwischen den Räumen der Unternehmensjuristen auf der einen und der Controllingabteilung auf der anderen Seite. „Ideale Voraussetzungen, um Teams zu bilden “sagt Kotschenreuther.

Teamarbeit sollte man, so der 31-Jährige, bereits frühzeitig und auch im Studium pflegen:„Mit einigen meines Wirtschaftsingenieur-O-Phasen-Teams habe ich noch heute Kontakt, über Xing sind wir auch weiterhin gut vernetzt und treffen uns hin und wieder auch persönlich. “Auch an das Lernen im Team, in Klausurlerngruppen, erinnert sich der Wirtschaftsingenieur oft.

Vom Lernstress entspannte er sich als Student beiden Grillpartys des Wohnheims in der Tennesseeallee oder beim gemeinsamen Lauf- und Fitnesstraining. Sport war auch später in seiner Zeit am Institut für Produktionstechnik wichtig: So startete er nicht nur als einer der wbk-Runners beim Baden-Marathon, sondern führte auch mit Kollegen eine Institutsfußballmannschaft weiter und organisierte zusammen mit Kollegen Turniere.