Interview mit Alumnus Sami Atiya

Sami Atiya

Alumnus sorgt für Durchblick in der Medizin

Dr. Sami Atiya ist bei Siemens Healthcare in Forchheim/Erlangen tätig. Als CEO Computertomographie trägt er die Verantwortung für Entwicklung, Produktion und Vermarktung der hochkomplexen bildgebenden Geräte, die in der Medizin eingesetzt werden. Im Gespräch mit Sibylle Orgeldinger verrät Atiya, wie das Studium der Elektrotechnik an der Universität Karlsruhe ihn auf seinen Berufsweg vorbereitet hat – und was er bei der Karriereplanung für wichtig hält.

Herr Dr. Atiya, was ist die jüngste Innovation, die Sie betreuen?

Ein so genannter Dual Source Computertomograph, der „SOMATON Definition Flash“. Dual Source bedeutet, dass das Gerät mit zwei Röntgenröhren und zwei Detektoren ausgestattet ist, die synchron rotieren. Diese Technologie wurde vor einigen Jahren von Siemens entwickelt. Der „Flash“ ist der Dual Source Computertomograph mit der schnellsten Bildgebung und der geringsten Strahlendosis. Bei einem Herz-CT liegt die Strahlendosis unter einem Milli-Sievert. Das ist deutlich weniger als die Röntgenstrahlung von zwei bis fünf Milli-Sievert, der jeder Mensch pro Jahr natürlicherweise ausgesetzt ist. Zugleich erreicht das Gerät eine ScanGeschwindigkeit von bis zu 43 Zentimetern pro Sekunde und eine zeitliche Auflösung von 75 Millisekunden. Weil der „SOMATOM Definition Flash“ extrem schnell arbeitet, eignet er sich besonders gut zum Scannen von sich bewegenden Strukturen, etwa des Herzens. Auch bei Kindern oder bei Notfallpatienten erleichtert die hohe Geschwindigkeit die Untersuchung erheblich.

Sie haben an der Universität Karlsruhe studiert...
Ja. Ich bin in Karlsruhe geboren. Auch mein Vater und mein Bruder haben an der Uni studiert – es ist quasi eine Familientradition. Ich entschied mich für das Fach Elektrotechnik und spezialisierte mich im Hauptstudium auf Automatisierung und Robotik. In meiner Diplomarbeit bei Professor Rüdiger Dillmann befasste ich mich mit der Steuerung eines sechsarmigen Roboters. Promoviert habe ich an der Universität Wuppertal.

Wie ging Ihr Weg dann weiter?
Ich war am Institut für Algorithmen und Kognitive Systeme der Universität Karlsruhe (heute Institut für Kryptographie und Sicherheit des KIT) sowie am Fraunhofer Institut für Informations- und Datenverarbeitung (IITB; heute Fraunhofer Institut für Optronik, Systemtechnik und Bildauswertung/IOSB) tätig. Am IITB wirkte ich bei gemeinsamen Projekten mit der Yale University/USA mit. Danach sammelte ich bei verschiedenen Unternehmen, unter anderem bei Bosch, Erfahrungen in der Industrie. Im Jahr 1997 kam ich dann zu Siemens und hatte verschiedene Management-Positionen inne. Zwischendurch nahm ich eine Auszeit, um den MBA am Massachusetts Institute of Technology (MIT) zu erwerben. Danach kehrte ich zu Siemens zurück. Bevor ich vor zwei Jahren meine heutige Position als CEO der Business Unit Computertomographie von Siemens Healthcare in Forchheim/Erlangen antrat, leitete ich die Abteilung Medizin-Software von Siemens USA.

Welche Kompetenzen, auf die Sie heute zurückgreifen können, haben Sie während Ihres Studiums erworben?
Wichtiges Grundlagenwissen in Mathematik und Physik und vor allem fundierte Technikkenntnisse. Das Studium der Elektrotechnik an der Uni Karlsruhe war darauf ausgerichtet, schwierige Sachverhalte bis in die Tiefe zu durchdringen. Ich habe dabei gelernt, mit Komplexität umzugehen. Im Hauptstudium gab es viele Wahlmöglichkeiten. Für mich war dies eine Chance, mich meinen Interessen und Zielen entsprechend weiterzuentwickeln. Dadurch habe ich gelernt, Freiheit sinnvoll zu nutzen und den Mut aufzubringen, Dinge selbst zu gestalten.

Ihre Alma Mater hat sich verändert, das KIT ist gestartet. Was halten Sie vom Zusammenschluss von Universität Karlsruhe und Forschungszentrum Karlsruhe?
Ich habe mich sehr gefreut, als meine Alma Mater eine der ersten Elite-Hochschulen Deutschlands wurde. Von dem Zusammenschluss halte ich viel. Das KIT hat mit seinen gebündelten Kompetenzen das Potenzial, auf ausgewählten Forschungsfeldern die Weltspitze zu erreichen, die besten Wissenschaftler und die besten Studierenden anzuziehen. Mit dem KIT ist auch eine Marke entstanden, die sich international positionieren lässt. Amerikanische Universitäten wie beispielsweise das MIT betreiben höchst professionelles Marketing. Die Deutschen haben da noch einiges aufzuholen.

Was würden Sie Studierenden raten, die heute ihr Studium beginnen?
Das Wichtigste: Sie sollten das tun, was ihnen am besten liegt. Sich nicht an Trends anhängen und auch nicht allzu weit voraus planen. Wenn man in einem Bereich gut ist, werden sich immer Möglichkeiten eröffnen.

Voraussetzung ist, die eigenen Stärken zu erkennen. Und jeder hat Stärken. Außerdem sollten Studierende möglichst früh damit beginnen, ihre soziale Kompetenz weiterzuentwickeln. Das heißt, sich selbst zu verstehen und lernen, mit anderen umzugehen. Arbeiten im Team ist heute in fast allen Bereichen Standard; Innovationen entstehen meist aus der Zusammenarbeit heraus. Im Team ergänzen die Einzelnen sich in ihren Stärken und gleichen ihre Schwächen aus. Soziale Kompetenz sollte meiner Auffassung nach im Studium viel stärker gefördert werden. Zudem würde ich Studierenden raten, so früh wie möglich über Praktika Einblick ins Berufsleben zu gewinnen. Schließlich: Auslandserfahrung ist essenziell. Man kann gar nicht genug betonen, wie global die Welt geworden ist. Und Erfahrungen im Ausland bringen einen nicht nur beruflich, sondern auch persönlich voran. Man wird aufgeschlossener für andere Menschen und lernt deren Stärken schätzen.

Was spricht aus Ihrer Sicht dafür, dass ein Mensch nach Abschluss seines Studiums seiner Hochschule als Mitglied eines Alumni-Netzwerks oder auf vergleichbare Art verbunden bleibt?
Es spricht viel dafür. Ein Alumni-Netzwerk ermöglicht es, internationale Kontakte zu knüpfen und zu pflegen. Es bietet Möglichkeiten, untereinander Wissen auszutauschen und voneinander Rat einzuholen. Ein solches Netzwerk zeichnet sich dadurch aus, dass die Mitglieder einen wichtigen Teil ihrer Vergangenheit gemeinsam haben. Dadurch können sie häufig offener miteinander reden als mit anderen Bekannten. Und je mehr Alumni dem Netzwerk angehören, desto besser funktioniert es.

Unsere Frage zum Schluss: was sehen Sie, wenn Sie aus Ihrem Bürofenster schauen?
Weil mein Büro nach Westen ausgerichtet ist, fängt das Fenster besonders gut die Abendsonne ein. Es ist ein großes Fenster, das dem Raum den ganzen Tag über eine helle, offene Atmosphäre verleiht – die beste Voraussetzung für konzentriertes und kreatives Arbeiten und für einen optimalen Informations- und Kommunikationsfluss.