Soft Skills fürs Erstgespräch mit einem Industriepartner

Messen und Netzwerkveranstaltungen sind wertvolle Anknüpfungspunkte für die Forschenden des KIT, um potenzielle Industriepartner für Kooperationen anzusprechen und den Erstkontakt auszubauen. Ein paar Kommunikationstipps für das Akquisegespräch geben wir Ihnen hier.

Traditionell präsentiert sich das KIT jedes Jahr auf der Hannover Messe , der größten deutschen Industriemesse, mit anwendungsnahen Forschungsthemen und technologischen Lösungen. Forschende aus den unterschiedlichsten Instituten zeigen vor Ort ihre innovativen Ansätze für die Industrie von morgen und suchen aktiv nach Industriepartnern für eine Zusammenarbeit  . Die Suche nach Partnerunternehmen ähnelt dabei der klassischen Akquise. Ist der Erstkontakt erfolgreich hergestellt – sei es auf der Hannover Messe oder einer anderen Veranstaltung – folgt nach der Vernetzung ein erstes vertiefendes Akquisegespräch mit Details zu Anforderungen und Kompetenzprofilen.

Beide Seiten kommen zusammen, lernen sich kennen und loten aus, ob unternehmerische Problemstellung und wissenschaftliche Expertise zusammenpassen. Es geht im Grunde darum, eine Entscheidungsgrundlage zu schaffen, ob beide Gesprächspartner eine bestimmte Entwicklung oder ein Vorhaben gemeinsam durchführen möchten. Die folgenden Kommunikationstipps für wissenschaftliche Beschäftigte des KIT können helfen, um sich und die eigene Expertise im Gespräch bestmöglich zu präsentieren.
 

Auf Nummer sicher gehen

Sind Sie und Ihr Kontakt sich einig, dass ein vertiefender Austausch hinsichtlich einer angestrebten Zusammenarbeit stattfinden soll? Dann klären Sie vorab, inwiefern die Geheimhaltung geregelt werden muss. Je nach Informationstiefe des geplanten Austauschs über ein konkretes Projekt oder die Weiterentwicklung von bestimmten Forschungsergebnissen empfiehlt sich, eine Vertraulichkeitsvereinbarung (non-disclosure agreement, NDA) mit dem Gesprächspartner zu treffen. Diese Vereinbarung schützt beide Parteien davor, dass Gesprächsinhalte, Know-how oder interne Informationen ohne deren Wissen weiterverbreitet werden. Schließen Sie mit Ihren Gesprächspartnern vor dem Austausch von konkreten Gedanken und Daten ein NDA ab. Die DE RECHT unterstützt Sie hierbei mit einem NDA-Entwurf und der sachgerechten Ausarbeitung gesonderter Klauseln oder Verträge .

Mohamed Hassan / pixabay.com

Stellen Sie sich auf Ihr Gegenüber ein

Steht ein konkreter Termin für den Austausch mit einem potenziellen Industriepartner an, bringen Sie im Vorfeld in Erfahrung, welche Personen am Gespräch teilnehmen werden. Es macht einen großen Unterschied in der Gesprächsführung und in der Art der Informationen, ob Ihnen beispielsweise eine Person aus dem Innovationsmanagement, der Entwicklung oder aus der Geschäftsführung gegenübersitzt. Denn je nach Position beurteilt Ihr Gesprächspartner das Potenzial einer Zusammenarbeit aus einer anderen Perspektive und trifft die Entscheidung dafür oder dagegen auf Basis von unterschiedlichen Parametern und Fakten. Informieren Sie sich daher gut, welche Funktion und welchen Hintergrund Ihre Gesprächspartner haben und stellen Sie sich gezielt darauf ein. Sofern der Kontakt über einen unserer Innovationsmanagerinnen und -manager zustande gekommen ist, kann dieser Ihnen bei dieser ersten Zielgruppenanalyse behilflich sein. Stellen Sie sich vorab die wichtigsten Aussagen und die zentralen Fragen an Ihr Gegenüber als Checkliste zusammen, um im Gespräch routiniert und klar zu kommunizieren. Diese Vorüberlegungen können eventuell direkt in eine Agenda für das Gespräch einfließen, die Sie vorab mit dem Gesprächspartner austauschen.

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Begrenzte Zeit nutzen

Für das Abtasten im unverbindlichen Erstgespräch steht in der Regel nur ein begrenzter Zeitrahmen zur Verfügung. Hier empfiehlt es sich, beim Redeanteil auf die 1/3 – 2/3-Regel zu setzen. Das bedeutet konkret: Reden Sie als „Lösungsanbietender“ des KIT nicht mehr als ein Drittel der Besprechungszeit und überlassen Sie Ihrem Gesprächspartner die übrige Zeit. Geben Sie Ihrem Gegenüber genug Raum und stellen Sie möglichst viele Fragen, um die Problemstellung   des potenziellen Industriepartners herauszufinden. Mit dieser Regelung laufen Sie nicht Gefahr, das Gespräch in einer Form der Selbstpräsentation zu dominieren. Indem Sie Ihrem Gesprächspartner aufmerksam zuhören, zeigen Sie, dass Sie ihn ernst nehmen.

Richtig gefragt

Damit Sie die Anforderungen des Unternehmens ergründen können, hilft gezieltes Nachfragen. Die Form der Frage hat dabei meist Einfluss auf den Informationsgehalt der Antwort. Offene Fragen – also mit W-Fragewörtern wie zum Beispiel wozu, weshalb, womit, wieso, oder wie – eignen sich besonders gut, um möglichst viele Informationen zu sammeln und den Gesprächsverlauf zu steuern. Der Vorteil von offenen Fragen ist zudem, dass Sie sich etwas Zeit zum Nachdenken verschaffen. Während Ihr Gesprächspartner antwortet, können Sie beispielsweise gedanklich schon die nächste Frage formulieren. 
Achten Sie beim Fragen generell darauf, nicht mehrere offene Fragen unmittelbar nacheinander zu stellen, ohne Ihr Gegenüber zu Wort kommen zu lassen. Da häufig nur auf die zuletzt gestellte Frage geantwortet wird, könnten einige wichtige Fragen unbeantwortet bleiben. Geschlossene Fragen, bekannt als Ja-Nein-Fragen, sind dann hilfreich, wenn Sie durch Rückfragen einzelne Punkte klären oder technische Details austauschen wollen.
 

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Kompetenz als Problemlösender zeigen

Häufig ist eine konkrete Technologie, die bei einer Messe oder Konferenz präsentiert oder in einem Paper publiziert wurde, nur der initiale Kontaktpunkt für einen intensiveren Austausch. Nutzen Sie diese Gelegenheiten, um im Fachbereich sichtbar zu sein. Je mehr Kanäle Sie aktiv nutzen, desto höher sind die Chancen, von potenziellen Partnern „gefunden“ zu werden. 
Im vereinbarten Akquisegespräch mit der Industrie steht dann nicht der reine „Verkauf“ im Vordergrund, sondern es ist wichtiger, sich als „Problemlösender“ in dem relevanten Fachgebiet zu positionieren . Daher ist es kein K.o.-Kriterium, wenn Ihre technische Lösung nicht 100-prozentig ausgereift ist oder nicht alle Funktionen gleichermaßen gut gelöst sind. In der Forschung entstehen klassischerweise technologische Lösungen mit einem frühen Technologiereifegrad und viel Entwicklungspotenzial. Vermitteln Sie Ihrem Gesprächspartner, wie Sie sich bei der Lösung der anfallenden Fragestellung mit Ihrer Expertise einbringen können. 
Legen Sie den Fokus darauf, wie Sie dem potenziellen Industriepartner bei der Lösung seiner technologischen Ziele helfen können . Stellen Sie dabei nicht nur die technische Lösung heraus, sondern auch den Nutzen in der jeweiligen Anwendung. Fragen Sie gezielt nach den aktuellen (technischen) Herausforderungen im Unternehmen und erläutern Sie anhand von Beispielen, wie Sie zur Lösungsfindung beitragen könnten. Je unkonkreter Ihre Aussagen sind, desto eher könnte dies zu Unzufriedenheit beim potenziellen Partner führen. Letztendlich ist das Ziel, durch Synergie im Rahmen der Zusammenarbeit zur Weiterentwicklung der Produkte und Dienstleistungen des Partnerunternehmens beizutragen.

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Eigenen Schwerpunkt setzen

Ob Forschungsauftrag, gemeinsame Entwicklungskooperation oder die Transformation neuester Forschungsergebnisse in innovative Produkte in Rahmen eines Transferprojekts – das KIT bietet zahlreiche Anknüpfungspunkte für die Zusammenarbeit. Seien Sie sich vor dem Termin im Klaren, welche Formen der Zusammenarbeit für Sie und Ihr Institut in Frage kommen. Auch wenn sich im Gespräch meist aus den Anforderungen und Zielen die logisch sinnvollste Kooperationsform ergibt, können Sie im Akquisegespräch einen klaren Fokus setzen, wenn zum Beispiel eine bestimmte Form der Zusammenarbeit für Sie ausgeschlossen ist.

Für Technologien in einem frühen Entwicklungsstadium geht es möglicherweise eher darum, die Technologie zu bewerten, um zum Beispiel „wirtschaftsorientierte“ Entscheidungen für die Weiterentwicklung der Technologie zu treffen. Bei reiferen Technologien liegt der Fokus eher darauf, einen Partner für den Einsatz zu finden, mit dem Ziel die Technologie gemeinsamen weiterzuentwickeln. Bei anwendungsnahen Kooperationen stehen die Chancen gut, dass aus dem Industriepartner mittelfristig ein Lizenznehmer für eine patentierte Technologie wird. 

Marktperspektive einholen

Gerade in der anwendungsnahen Forschung können Impulse aus der Industrie sehr wertvoll für die Weiterentwicklung und Ausrichtung der Forschungsfragen sein. Daher ist jeder Austausch mit Personen, die sich in einer Branche gut auskennen, eine willkommene Gelegenheit, um ergänzende Informationen zum Markt einzuholen. Hier sind neben allgemeinen Angaben, wie Marktdichte und -volumen, Wachstum und Eintrittsbarrieren, vor allem die „Schmerzpunkte“ der letztlichen Kundschaft oder Nutzerschaft von Interesse. Denn eine neue technische Lösung setzt sich in der Regel nur durch, wenn sie die Bedürfnisse der Anwendenden erfüllt und dabei einen erheblichen Vorteil bzw. eine Verbesserung bietet.  Mithilfe der industriellen Perspektive Ihres Gesprächspartners können Sie die Alleinstellungsmerkmale und den technischen Nutzen Ihrer Lösung überprüfen. Befragen Sie ihr Gegenüber zum Beispiel dazu: Ist mit der Lösung ein klar erkennbares Kundenbedürfnis adressiert? Wenn nein, welche Eigenschaften, Merkmale oder Funktionen fehlen noch? Welchen Mehrwert brächte die Technologie gegenüber konkurrierenden Lösungen? Eine Einschätzung von außen kann eventuelle Schwachpunkte aufdecken, die Sie in der weiteren Entwicklung berücksichtigen können.

Auf demselben Stand enden

Das Akquisegespräch ist geprägt von sehr vielen Informationen, und möglichen Ausprägungen für eine mögliche Zusammenarbeit. Daher ist ratsam, am Schluss des Gesprächs noch einmal die wesentlichen Botschaften, etwa in einem Protokoll, zusammenzufassen:  

  • Passen Problemstellung des Industriepartners und die wissenschaftliche Expertise zusammen? 
  • Welche Schnittmengen gibt es? Ergänzen sich die Fähigkeiten beider Partner?
  • Besteht grundsätzlich Interesse an einem ersten gemeinsamen Projekt?
  • Wurden Unterlagen ausgetauscht, die unter die Geheimhaltung fallen? Wenn ja, wie sind diese im weiteren Verlauf und beim Hinzuziehen weiterer Personen zu behandeln? 
  • Welche Form der Zusammenarbeit und in welchem Umfang wird bevorzugt?

Am Ende des ersten Austauschs muss nicht direkt ein konkretes Angebot gemacht werden. Beide Seiten sollten sich genügend Zeit einräumen, um das Gespräch zu reflektieren und zu entscheiden, ob der Gesprächspartner für eine Zusammenarbeit geeignet ist. Viel wichtiger ist, dass Sie und Ihr Gesprächspartner mit einem konkreten Ergebnis aus dem Gespräch gehen, wie etwa einen Folgetermin zu vereinbaren oder im Nachgang weitere Unterlagen auszutauschen. Die nächsten Schritte sollten für alle Teilnehmenden am Ende des Gesprächs klar sein.

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Am Ball bleiben

Für die Nachbereitung des Gesprächs ist es hilfreich, sich direkt die Punkte zu notieren, die im Nachgang zu erledigen sind, wie zum Beispiel interne Absprache zum Thema XYZ, Folgetermin organisieren oder weitere Informationen einholen / weitergeben. Falls im Gespräch schon sehr konkrete Vereinbarungen über eine Zusammenarbeit getroffen wurden, können Sie gemäß dem Drittmittelprozess des KIT die Angebotserstellung anstoßen.   Wurde eine verbindliche Zeitschiene mit dem Gesprächspartner vereinbart, dann halten Sie diese und die vereinbarten Termine bestmöglich ein. Möchten Sie den Industriepartner für sich gewinnen, dann halten Sie auch nach dem Gespräch Kontakt, kümmern Sie sich zeitnah um weitere Rückfragen und versorgen Sie ihn mit den Informationen, die die Projektanbahnung positiv unterstützen. 

 

Begleitung erwünscht? 

Förderprojekte, Kooperationen oder Aufträge von der Industrie sind für das KIT eine beliebte Quelle für Drittmitteleinnahmen. Neben dem monetären Wert sind solche Formen der Zusammenarbeit auch ein wichtiger Faktor, um Forschungsergebnisse unmittelbar in die Anwendung im Wirtschaftsumfeld zu transferieren. Wer als wissenschaftlicher Beschäftigter selbst aktiv wird und sich gezielt auf die Suche nach Industriepartnern begibt, erhöht die Chancen auf Zusatzeinnahmen und den Technologietransfer.

Die Dienstleistungseinheit Innovations- und Relationsmanagement (IRM) am KIT unterstützt Sie beim Technologietransfer und begleitet die Akquise je nach Bedarf mit folgenden Services:

  • Unterstützung bei der Suche nach Entwicklungspartnern 
  • Unterstützung bei der Vermarktung von Technologien und Kontaktanbahnung mithilfe von Technologieangeboten 
  • Vermittelnde Moderation und Begleitung beim Industriegespräch
  • Unterstützung bei der Bedarfsanalyse und Projektkalkulation, vorrangig bei nicht-technischen Fragen
  • Auskunft bei Fragen bzgl. der möglichen Formen der Zusammenarbeit und assoziierten Formalien, die mit dem KIT einhergehen
  • Aufklärung zum Umgang mit IP innerhalb einer Zusammenarbeit 
  • Begleitung bei der Antragstellung von Förderprojekten und auf Wunsch Hinweise zur Antragsoptimierung
  • Unterstützung bei der Verhandlung von Kooperations- und Lizenzverträgen
  • Begleitung bei (geförderten) Innovationsprojekten und beim fortlaufenden Projektcontrolling
  • Bei komplexen Vorhaben und Kooperationskonstellationen bietet IRM Unterstützung bei Prozessen, in denen unterschiedliche Dienstleistungseinheiten des KIT involviert sind, wie z.B. IRM + RECHT + EVM.